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Fasnachtsbräuche und -termine
Peter Haller

Einen ersten kurzen Auftritt haben die unvermummten Narren mancherorts am 11.11 (Martinstag) bei Lampionumzügen, bei denen zum ersten Mal seit langer Zeit wieder der Narrenmarsch ertönt. An diesem Tag halten auch manche Zünfte traditionell ihre Martinisitzungen oder Generalversammlungen ab. Der 11.11. ist parallel zur Fastnacht zu sehen, da früher nach Martini die Vorbereitungszeit auf Weihnachten mit ebenfalls strengen Fastengeboten begann. Die Zahl 11 gilt ferner schon seit dem Mittelalter als närrische und unheilige Zahl, da sie die Zahl der Zehn Gebote überschreitet und die Zahl der Zwölf Apostel nicht erreicht.

Während zum eigentlichen Auftakt der Fasnachtszeit im weiteren Sinne am Dreikönigstag (6. Januar) nach dem Ende der "zwölf heiligen Nächte" (Rauhnächte) in Überlingen und Markdorf die Fasnacht um 12 Uhr eingeschnellt (Einschnellen) wird, werden an anderen Orten wie Rottweil und Bad Waldsee das Gschell, die Larve bzw. das Häs abgestaubt (Abstauben).

Zwischen dem Dreikönigstag und dem Donnerstag vor Fasnachtsdienstag gibt es nur vereinzelte, lokal begrenzte närrische Aktivitäten wie
Narrentreffen mit mehreren tausend Häs- und Maskenträgern und Saalveranstaltungen, bei denen das Stimmungsbarometer bereits Höchstwerte erreichen kann. In so mancher Stube wird in diesen Wochen noch eifrig am Häs geschneidert, Maskenschnitzer haben Hochkonjunktur, und mancherorts üben die Kinder in den Gassen mit großer Ausdauer das Karbatschenschnellen, denn mit großen Schritten geht es nun auf den Höhepunkt der "fünften Jahreszeit" zu. Diese Zeit vor den Hauptfesttagen kann allerdings von sehr unterschiedlicher Dauer sein, da sich die Fasnacht am beweglichen Osterfest orientiert. Ostern fällt nämlich immer auf den ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond. Bedingt durch die 40tägige Fastenzeit (s.u.) liegt das Fasnachtswochenende sieben Wochen vor Ostern. Die kürzeste Fasnachtszeit geht also nur bis Anfang Februar (3. Februar, 28 Tage), die längste bis Anfang März (9. März, 63 Tage).

In vielen närrischen Hochburgen beginnt am „Schmotzigen Dunschtig” oder "Schmutzigen Donnerstag", der örtlich auch "gumpiger" (gumpen = hüpfen) oder "auseliger Donnerstag" heißt, frühmorgens mit dem Wecken durch die "Katzenmusik"1) die "hohe Zeit der Narretei". In Überlingen, Singen und andernorts statten Schüler ihren Lehrern einen frühmorgendlichen Besuch ab, der von letzteren mehr oder weniger freundlich aufgenommen wird. "Schmotzig"/"Schmutzig" kommt von "Schmotz"/"Schmutz", was auf Alemannisch "Fett, Schmalz" bedeutet und diesem Tag seinen Namen gegeben hat, da an ihm üblicherweise die Fasnetsküchle in viel Fett gebacken werden. Später werden die kostümierten Kinder (auch "Mäschkerle" genannt, eine Bezeichnung, die auch für (junge) kostümierte Frauen, manchmal auch für alle Kostümierten verwendet wird) aus Kindergarten und Schule befreit (Schülerbefreiung), das Rathaus "gestürmt" (Rathaussturm), der Bürgermeister seines Amtes enthoben und der Rathausschlüssel als Zeichen der Machtübernahme an die Narren übergeben (Schlüsselübergabe). Mancherorts wird im Laufe des Vormittags die Fasnet explizit ausgerufen (Fasnetausrufen) oder ausgeschellt (Fasnetausschellen).

Nachmittags findet traditionell am Bodensee, im Hegau und in anderen Fasnachtslandschaften das "Narrenbaumsetzen" oder "Narrenbaumstellen" durch die "Zimmermannsgilden" statt, nachdem der Narrenbaum, eine frisch geschlagene, bis zu 30 m hohe Tanne oder Fichte, in der Regel morgens eingeholt, entrindet, bis auf den Wipfel ("Dolden" genannt) entastet und geschmückt worden ist. Bei besonderen Anlässen wie Narrentreffen kann dies auch schon Wochen vorher geschehen. Er wird als Zeichen der Übernahme der Amtsgewalt durch die Narren angesehen und außerdem als "Stammbaum aller Narren" bezeichnet. Das Setzen eines Baumes ohne Wurzeln soll ferner die Sinnlosigkeit anzeigen. Nach Mezger hat das Narrenbaumstellen seinen Ursprung möglicherweise im "Blockziehen", einem Brauch, der bereits für das 15. Jh. urkundlich belegt ist. Dabei handelte es sich um einen Spottumzug, bei dem die unverheirateten jungen Mädchen sowie die alten Jungfern einen Baumstamm durch die Straßen ziehen mußten, aus dem sich vielleicht ein Mann für sie schnitzen ließe. Nicht nachzuweisen ist ein umittelbarer Bezug des Brauchs des Narrenbaumsetzens zur spätmittelalterlichen Idee des Narrenbaums als einer Abwandlung des biblischen Baums der Erkenntnis von Gut und Böse im Paradies (als Gegenstück zum Baum des Lebens), von dessen Früchten Adam und Eva aßen und somit Sünde und Tod in die Welt brachten. Dem Narrenbaumsetzen geht stets ein Umzug voraus, bei dem die Narreneltern und der von diesen Gutsle, Brezeln oder auch eine Wurst heischende "Narrensamen" im Mittelpunkt stehen, "auf dass die Närrlein Narren werden und die Fasnet nicht verhungere". An manchem Narrenbaum hängt dazu noch ein Ring mit Süßigkeiten, Würsten oder sonstigen Utensilien, die sich die Kinder und Jugendlichen unter Beweis ihrer körperlichen Fitness "pflücken" können. Eine besondere Ehrung erfährt der Narrenbaum in Überlingen, wo er im Anschluss an das Aufstellen durch die Narreneltern eingeweiht wird (Narrenbaumeinweihung). Gefällt wird der Narrenbaum am Fasnachtsdienstag abends oder aber am Aschermittwoch in aller Stille (Narrenbaumfällen). Nur in Stockach, wo seit 1799 ein Narrenbaum gesetzt wird und der Brauch seinen Ursprung haben soll, bleibt er bis zum 4. Fastensonntag (Lätare) stehen. Dieser Sonntag wird auch als "Mittfasten" bezeichnet und war früher gewissermaßen eine Erholungspause in der Fastenstrenge. Er wird außerhalb des Bereichs der schwäbisch-alemannischen Fasnacht lokal auch mit einem "Sommertagszug" der Kinder zur Verabschiedung des Winters und Begrüßung des Frühlings begangen.

Am Abend des Schmotzigen Donnerstag (in manchen Orten auch schon morgens bzw. am Vorabend) zieht vielerorts der Zug der "Hemdglonker" mit ihren weißen Nachthemden, Schlafhauben und Zipfelmützen, mit Laternen und Lärminstrumenten ausgerüstet, durch die Straßen (Hemdglonkerumzug), ein Ereignis für die ganze Familie, wenn alle miteinander "ge Maschkere gond" (alemann. für "verkleidet zur Fasnacht gehen"; "Maske" kann nämlich auch die ganzkörperliche Verkleidung bzw. die verkleidete Person selbst bezeichnen).

Am folgenden Freitag haben die meisten Narren Ruhetag. Die närrischen Aktivitäten halten sich sehr in Grenzen, vereinzelt gibt es Kinder- und Kostümbälle, in einigen Orten werden erst an diesem Tag Schule und Rathaus gestürmt. In Oberschwaben heißt er auch noch bromiger oder rußiger Freitag, da an ihm die Buben früher den Mädchen das Gesicht mit Ruß schwärzten, was man ursprünglich als Symbol für die sexuelle Befleckung verstand.

Narrensprung"Narrensprünge" oder Fasnetsumzüge der heimischen Narrenzunft, oft auch unter Beteiligung zahlreicher Gastzünfte sowie sonstiger Vereine und Gruppierungen, finden vorwiegend zwischen Fasnachtssamstag und -dienstag statt. Sie werden musikalisch begleitet von Musikkapellen, Spielmanns- und Fanfarenzügen2), Schalmeienkapellen3) (insbesondere am Bodensee), "Lumpenkapellen" sowie zunehmend auch "Guggenmusiken"4) nach Schweizer Vorbild, die für ihre schräge Musik mit teils jazzigen, teils südamerikanischen Rhythmen bekannt sind und daher von manchen Brauchtumshütern auf deutscher Seite nicht allzu gerne gesehen werden. Vielerorts sind der Fasnetsmontag (alemann: Fasnetsmentig anstatt "Rosenmontag"5) und Fasnetsdienstag (alemann: Fasnetszieschtig) die Hauptfeiertage.

Vor allem die älteren Narrenstädte haben ihren ganz eigenen Narrenmarsch, der die Narren beim Narrensprung immer und immer wieder in Hochstimmung versetzt und zu rhythmischem "Jucken", teils in vorgegebener, ritualisierter Schrittfolge, veranlaßt. Seine Verzückung bringt der Narr durch einen mehr oder weniger geistreichen Narrenruf zum Ausdruck. Überregional ist der Ruf "Narri-Narro" (der Narr ruft "Narri", der Zuschauer antwortet "Narro"), in Rottweil "juchzgt" man "Hu-Hu-Hu", was an den Fasnachtstagen auch als allgemeine Begrüßung gilt, während man beispielsweise in Bad Waldsee "Aha" und in Aulendorf "Ha, ha, ha, jo was saischt au" ruft.

Auch Tänze unterschiedlichster Art werden an den närrischen Tagen in vielen Orten dargeboten. In Überlingen schunkeln und tanzen die "Hänsele" zum Narrenschunkler bzw. Narrenwalzer, in Lindau wird der "Köfflerjuck" und "Buzentanz" aufgeführt, in Konstanz der "Laternentanz" der "Blätzlebuebe", in Löffingen und andernorts ein Hexentanz ... Nur in Schömberg auf der Schwäbischen Alb tanzen die eindrucksvollen "Fransenkleidle" und die "Fuchswadel" in ihrem bemalten Weißnarrengewand, angeführt von zwei "Husaren", mehrmals während der Fasnachtstage ihre "Narrenpolonaise" - ein einzigartiges Schauspiel mit geradezu barocker Prachtentfaltung.

Das "Auswerfen" von Gutsle, Brezeln oder Orangen wurde bereits im letzten Kapitel erwähnt, wobei sich dieses bei den Brezeln, die ursprünglich eigentlich ein Fastengebäck waren, in Schramberg bis zum "Brezelsegen" steigern kann. Bei Umzügen können aber auch Spreu oder Konfetti ausgeworfen werden, die, wie auch der Narrennachwuchs, als "Narrensamen" bezeichnet werden, aus dem nichts wirklich Wertvolles, sondern eben nur Narrheit gedeihen kann. In diesem Zusammenhang sind auch fasnächtliche Heischebräuche zu nennen, bei denen die Kinder dem Narren wie in Rottweil Sprüche aufsagen oder, wie oben erwähnt, den Narreneltern hinterherrufen müssen, damit sie Süßigkeiten und dergleichen bekommen. Der wohl bekannteste Narrenspruch lautet: "Hoorig, hoorig, hoorig isch die Katz, und wenn die Katz net hoorig ischt, dann fängt sie keine Mäuse nicht" und "Borschtig, borschtig, borschtig isch die Sau, und wenn die Sau net borschtig ischt, dann gibt sie keine Leberwürscht". Der Rottweiler Heischevers: "Narro, siebe Sih,/ Siebe Sih sind Narro gsi", der in ähnlicher Form auch anderswo zu hören ist, nimmt Bezug auf die oben erwähnten "sieben Söhne" der Narrenmutter Eva. Daneben gibt es noch viele andere, oft ortsspezifische Sprüche. In Herbertingen beispielsweise gingen früher die Schulkinder von Haus zu Haus, um ein "Fasnetsgeld" mit folgendem Vers zu erbetteln: "Fliagt a Vögele übers Feld, gib mir au a Fasnetsgeld, aber it so wenig, oder i sags dem Kenig." Auch das Heischen wie das Auswerfen hängen ursprünglich mit dem bevorstehenden Verzicht in der Fastenzeit zusammen. Bereits im Mittelalter wurden Fasnachtsküchlein abgeholt und bei Umzügen große Mengen von überschüssigen Eiern teils roh, teils hartgekocht ausgeworfen. Ferner werden die Narrengaben mit der Austeilung der Kommunion in Verbindung gebracht, das "Narrenbrot" - heute häufig durch Süßigkeiten ersetzt - als negatives Gegenstück zum eucharistischen "Brot des Lebens" gesehen. Das Brotauswerfen ist in Endingen und der Schweiz auch heute noch lokal gebräuchlich.

Ein rückläufiger Brauch ist das "Schnurren", "Strählen", "Hecheln", "Aufsagen"oder "Welschen", d.h., der Narr spricht den unvermummten Mitbürger (den "Gestrählten") auf der Straße oder im Gasthaus, ggf. mit verstellter Stimme, an und kann diesem hinter der Maske ohne Rücksicht auf die soziale Stellung des Angesprochenen unverhohlen und geradeheraus die Meinung sagen, ihn rügen (Rügerecht des Narren), ihn mit der Kenntnis der einen oder anderen Begebenheit überraschen oder einfach Unsinn reden. Das Gesagte sollte allerdings niemals verletzend oder gar ehrenrührig sein. Daher lautet in Rottweil auch das Motto: "Niemand zu Leid - jedem zur Freud". Da der Narr heutzutage aber immer mehr Zugezogene oder Fremde am Straßenrand oder im Wirtshaus antrifft, fällt es ihm zunehmend schwerer, den Brauch des "Schnurrens" zu pflegen. "Schnurren" leitet sich ab von "Schnurre" = "Posse, komischer Einfall" (ursprünglich ein Lärmgerät, mit dem besonders Possenreißer umgingen). "Strählen" = "kämmen" und "hecheln" = "Fasern des Hanfs oder Flachses spalten": der Narr zieht im übertragenen Sinn sein Gegenüber, wie einst die Bäuerin die Flachsbüschel, durch ein (kammartiges) Nagelbrett (den Hechelkamm).

In Munderkingen an der Donau kennt man als besonderen fasnächtlichen Brauch das "Brunnenspringen". Die beiden ausgewürfelten Brunnenspringer tauchen nach mehreren Trinksprüchen und einem Becher heißen Weins ins kalte Naß und dürfen dafür anschließend die umstehenden Mädchen naßspritzen und küssen. Dies soll auf die ursprüngliche Idee vom Brunnen als Strafort zurückgehen, in dem die Narrheit symbolisch ersäuft wird, enthält aber auch Elemente eines Lossprechungsrituals der Junghandwerker.

In Haigerloch, in Sigmaringen und in Scheer an der Donau sowie in Krauchenwies finden wir den alten Brauch des "Bräutelns", bei dem die jungvermählten oder auch neuzugezogenen Männer (teilweise auch Frauen und silberne Hochzeiter), in Haigerloch auch Männer, die seit dem letzten Bräuteln gebaut oder ein Geschäft gegründet haben, auf einer Stange (der Bräutel- oder Bräutlingsstange) mehrmals um einen Brunnen getragen werden und dabei Brezeln, Würste, Süßigkeiten etc. an die Umstehenden auswerfen, um sich vom Brunnenwurf freizukaufen. Früher machte dennoch so mancher mit dem eiskalten Naß Bekanntschaft. Darauf wird heute aus Gesundheitsgründen meist verzichtet. In Haigerloch wird die linke Fußspitze abgewaschen; doch wer sich beharrlich weigert, sich auf die Stange heben zu lassen, kann auch heute noch in den Genuß eines Vollbades kommen. Dieses Brauchelement wird damit in Verbindung gebracht, dass die Fasnacht früher ein beliebter Hochzeitstermin war, da ja anschließend sexuelle Enthaltsamkeit geboten war und man auch nicht mehr feiern durfte.

Narrengerichte, fasnächtliche Rügegerichte, gibt es insbesondere in Stockach (das "Hohe Grobgünstige Narrengericht", seit 1351 mit längeren Unterbrechungen), Grosselfingen (das "Ehrsame Narrengericht", nur alle 4 Jahre), Möhringen bei Tuttlingen ("Schemengericht") und Tiengen (das "Hochnotpeinliche Malefizgericht"). In Stockach werden meist hochkarätige Landes- oder Bundespolitiker unter Anklage gestellt, in Grosselfingen auswärtige Honoratioren und Amtsträger, in Möhringen und Tiengen Einheimische bzw. Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die sich im Laufe des Jahres eine närrische Tat geleistet haben.

Pflugumzug In Fridingen a.D. laufen alle Narren währends des "Pflugumzugs", bei dem der Boden mit einem Pflug symbolisch für den "Narrensamen" bereitet wird ("Narrensäen"), an einem langen Seil, dem "Narrenseil" (ursprünglich das Seil, mit dem der geisteskranke Narr gefesselt wurde). Dieses stammt aus der Vorstellungswelt des Mittelalters, wo es im Zusammenhang mit der sexuellen Begierde der Männer, die sich von den Frauen einfangen lassen, gebraucht wurde. Aber "einen am Narrenseil führen" hat später auch die Bedeutung "jemanden zum Narren halten" angenommen. Wie beim früher verbreiteten Blockziehen werden auch heute noch mancherorts unverheiratete Mädchen vor den Pflug gespannt, gefolgt von einem Sämann, der Spreu auswirft, um symbolisch für sie "Männer zu säen" ("Männersäen"). Der Pflug wurde früher auch als phallisches Symbol gedeutet, da mit ihm, als Vorbereitung für die Aussaat, der fruchtbare Schoß der Erde geöffnet wurde.

Schramberg im Kreis Rottweil ist für den Brauch des "Da-Bach-na-Fahrens" bekannt. Dabei begeben sich seit 1936 besonders Mutige am Fasnachtsmontag in originell umgestalteten Waschzubern in die kalten Fluten der Schiltach.

Zum "Kehraus" (alemann. "Usfegete") am Fasnachtsdienstag wird vielerorts die Fasnacht meist um Mitternacht unter viel Geheul und Wehklagen, oft in Form einer Strohpuppe oder Hexe, symbolisch begraben oder verbrannt ("Fasnetbegraben", "Fasnetverbrennen"). In Rottweil findet die Straßenfasnet bereits mit dem Betzeitläuten um 18 Uhr ihren Abschluß, weshalb auch schon geraume Zeit vorher immer öfter der Klagevers: "O jerum, o jerum, dia Fasnet hot a Loch" von den eifrig heischenden Kindern, aber auch den Narren selbst zu hören ist. Ab jetzt heißt es aber auch trotzig: 'S goht dagega! (es geht zum Glück schon wieder auf die nächste Fasnacht zu).

Früher war der Beginn der Fastenzeit am Aschermittwoch mit ihren strengen Regeln und Verboten für die gläubigen Menschen ein gravierender Einschnitt im Jahreslauf. Man nahm die Sache so ernst, dass man sogar das Geschirr auskochte, um es von etwaigen Fettresten zu befreien. Am Aschermittwoch geht auch heute noch so mancher katholische Narr in die Kirche, um sich als Zeichen der Buße das Aschenkreuz aufs Haupt streuen zu lassen. Um das Ende der Fasnacht noch ein wenig hinauszuschieben, treffen sich jedoch beispielsweise in Schwenningen die Narren an diesem Tag am Narrenbrunnen zur "Geldbeutelwäsche" in der Hoffnung, dass die Geldbeutel sich wieder füllen mögen. Auch zum Essen von Kässpätzle, Schnecken, Fisch oder sauren Kutteln kommt man am Aschermittwoch nochmals zusammen (Aschermittwochsessen).

Der Funken brenntIn den Kreis der Fasnachtsbräuche gehört auch das "Funkenabbrennen" (sowie örtlich das "Scheibenschlagen") am ersten Fastensonntag, der deshalb auch "Funkensonntag" (in Schömberg "Facklasonndig") genannt wird. Die Narrenzünfte oder aber auch spezielle "Funkengilden"(oder "Funkenbuben") häufen an diesem und auch oft schon am Vortag an höhergelegenen Geländepunkten den "Funken" oder "Fasnetfunken", einen riesigen Haufen aus Stroh, Holz, Weihnachtsbäumen etc. auf, an dessen Spitze meist eine Hexe in den Himmel ragt. Die Bevölkerung wird schon ab nachmittags zu Speis und Trank in die Funkenbar eingeladen. Nach Einbruch der Dunkelheit wird dann der "Funken" (auch Fasnachtsfeuer genannt) mitsamt Hexe abgebrannt, womit die Fasnacht ihren endgültigen Abschluß findet. Lokal ist es gebräuchlich, dass der Funken von dem Brautpaar angezündet wird, das zuletzt geheiratet hat, was wiederum auf die Fasnacht als einstmals wichtigen Hochzeitstermin verweist. Steht der Funken dann in Flammen, so stecken mancherorts junge Männer Holzscheiben, die in der Mitte ein Loch aufweisen, auf einen Haselnussstecken und halten diese ins Feuer, bis die Ränder der Scheiben glühen (der "Funken" wird daher auch lokal als "Schibefir" bezeichnet). Dann stoßen sie die Scheibe auf die Scheibenbank (auch Scheibenstuhl genannt) und schleudern sie soweit sie können den Berg hinunter, während sie beispielweise folgenden Spruch aufsagen: "Scheibi, Scheiba, Scheib auf di Bah, ach Gott, ach Gott wem soll die Scheibe gelte. Die Scheibe soll .... (einem Jungen und Mädchen, die sich frisch kennengelernt haben) gelte. Fliegt se, so gilt se, fliegt se it, so gilt se it." Für die Entwicklung des Funkenabbrennens mag laut Mezger die mittelalterliche Rechtsauffassung ausschlaggebend gewesen sein, wonach alles Gottferne, Ketzerische und Teuflische im Feuer zu vernichten sei.

Es gibt jedoch auch noch Orte wie Büsingen oder Weil am Rhein, wo man traditionsgemäß an diesem Wochenende erst oder noch Fasnacht, die sogenannte "Buurefasnacht" (Bauernfasnacht), feiert. Dieser versetzte oder verlängerte Termin, der auch als "alte Fasnacht" bezeichnet und - wie oben ausgeführt - vielerorts noch in Form des "Funkensonntags" begangen wird, läßt sich so erklären, dass seit der Synode von Benevent 1091 die 40-tägige Fastenzeit (in Anlehnung an das Fasten Jesu in der Wüste) von Aschermittwoch bis einschließlich Karsamstag abzüglich der davon ausgenommenen Sonntage als Gedächtnistage der Auferstehung dauert, während bis dahin die Regelung galt, dass auch an den Sonntagen gefastet, also entsprechend später damit angefangen wurde. Aber offensichtlich hielt die Landbevölkerung früher in eigennütziger Absicht am alten Termin fest, da man am Wochenende davor erst einmal das städtische Fasnachtsspektakel, die so genannte "Herrenfasnacht", miterleben wollte.

Und wenn dann wirklich (fast) alle anderen mit der Fasnacht fertig sind, dann feiert das protestantische (!) Basel in der Schweiz seine deutlich anders geartete Fasnacht, an der es nach der Reformation von 1529 festhielt und deren heutige Form sich im wesentlichen erst im 19. Jahrhundert herausbildete. Am Montag nach Aschermittwoch um Schlag 4 Uhr morgens beginnt sie mit dem "Morgestraich", der als Gegenstück zum militärischen "Zapfenstreich" gesehen wird. Nachdem alle Lampen erloschen sind, ziehen zum Auftakt der drei närrischen Tage die trommelnden und pfeifenden "Cliquen" (Fasnachtsgruppen) - begleitet von den Trägern der zahllosen beleuchteten Steckenlaternen - in ihren vielfältigen Kostümen, mit Gips- und Pappmachémasken vermummt, stundenlang durch die Gassen der Basler Altstadt, wobei von jeder Clique ein bestimmtes "Sujet" (Thema) präsentiert wird. Montag und Mittwoch nachmittags findet jeweils ein Umzug ("Cortège") statt, an dem auch Wagen und Guggenmusiken teilnehmen. Dieser Montag ist in Furtwangen und lokal in der Schweiz auch als "Hirschmontag" oder "Hirs(e)montag" (von "hirsen,schmausen" bzw. dem früher beliebten Hirsebrei) bekannt.

Bleibt schließlich noch eine fasnächtliche Besonderheit zu erwähnen, nämlich die "
Groppenfasnacht", die 3 Wochen vor Ostern im schweizerischen Ermatingen am Bodensee gefeiert wird (alle 3 Jahre mit Groppenumzug) und ursprünglich ein Fest der Fischer war. Der Legende nach soll dieses auf den vom Konstanzer Konzil im März 1415 geflüchteten Papst Johannes XXIII., der in Ermatingen Rast machte und mit gebackenen Groppen (kleinen Raubfischen) verköstigt wurde, zurückgehen. Dafür soll er den Ermatingern die Erlaubnis zu diesem Fest mitten in der Fastenzeit gegeben haben.


1) Katzenmusik ist nicht nur das Katzengeschrei in lauen Sommernächten, sondern das Wort wird schon seit dem 18. Jahrhundert für jede misstönende Musik verwendet. Damals war Katzenmusik ein wenig harmonisches Ständchen, das Studenten jemandem brachten, um ihn zu verhöhnen.
2) Die ventillose Fanfare war einst in höfischen Kreisen Heroldsinstrument oder bei der Jagd Signalhorn.
3) Die Vorläufer der heutigen Schalmei gehörten zu den ersten Blasinstrumenten (ursprünglich Holzblasinstrument der Hirten). Auf der Schalmei kann nur ein einziger Ton gespielt werden. Will der Schalmeibläser eine Melodie spielen, benötigt er für jeden Ton ein Instrument. Zu Zeiten der Weimarer Republik und der DDR war die Schalmei ein beliebtes Instrument der Arbeiterbewegung.
4) Seinen Ursprung hat der Name "Guggenmusik" vermutlich in der Baseler Gegend, wo die ältesten Aufzeichnungen, die eine Guggenmusik erwähnen, gefunden wurden. Vorher war diese Form der Lärmmusik landläufig als "Katzenmusik "oder "Charivari" bekannt, aber jede Gegend hatte wahrscheinlich ihren eigenen Namen. In Basel und im benachbarten Südbaden versteht man unter "Gugge" eine Papiertüte. Sie hatte früher meist eine konische Form und erinnert an ein Blashorn. 
5) Im Zuge der Fastnachtsreform des 19. Jahrhunderts wurde in Köln 1823 ein Komitee gegründet, um das Feiern des Karnevals in organisierter Form durchzuführen. Dieses Komitee hielt jeweils am Sonntag "Laetare", dem dritten Sonntag vor Ostern, seine Jahreshauptversammlung ab. Dieser Sonntag heißt seit dem 11. Jahrhundert auch Rosensonntag. An diesen Rosensonntagen weihte der Papst in Rom eine goldene Rose, die er dann einer verdienten Persönlichkeit überreichte. Das Komitee benannte sich nach seinem Versammlungstermin als "Rosensonntagsgesellschaft". Da diese Gesellschaft auch den Fastnachtsmontag organisierte, wurde der Name irrtümlicherweise auf diesen Montag übertragen und von nun an als Rosenmontag bezeichnet.

© 2000 NarrenSpiegel, zuletzt aktualisiert 2/2004
© Bild 1 "Narrensprung" Schlegele-Beck, übrige Bilder "NarrenSpiegel"
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