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Helau oder Narri-Narro!
Die Freiburger Fastnacht zwischen Karneval und alemannischer Fasnet

von Peter Kalchthaler / alle Fotos: Ralf Siegele

Narr aus der Zunft der Freiburger Fuhrleute

Erst seit 71 Jahren ist die alemannische Fasnet in Freiburg heimisch. Vor 1934 schwang hier Prinz Karneval das Narrenzepter. Heute ist die Freiburger Fasnet eine durchaus gelungene Mischung von karnevalistischer Tradition und dem damals „aufgepfropften” alemannischem Brauchtum - wobei Letzteres heute deutlich dominiert.

Die erste Erwähnung des Wortes „vasinaht” in Freiburg im Jahr 1283 war noch eine reine Datumsangabe, aber in der frühen Neuzeit häuften sich auch in Freiburg die urkundlichen Belege für die Fastnacht als geübten Brauch – meist handelt es sich um Verbote, denn die Obrigkeit war stets bemüht, das anarchische Fastnachtstreiben unter Kontrolle zu halten.

Mit dem Übergang Freiburgs von Österreich an Baden 1806 wurden die geselligen und kulturellen Vereine zum wichtigsten Träger der Fastnacht. Es gab Maskenbälle, Fastnachtszeitungen wurden produziert, der erste nachweisbare Umzug fand 1844 statt. Bezeichnenderweise hat ihn ein Gastwirt veranstaltet, dessen Lokal anschließend gut gefüllt war.


Freiburger Münsternarr


Vom Karneval zur Fasnet
Die organisierte Fastnacht begann in Freiburg 1882 mit der Gründung eines „Narrenraths”, aus dem 1888 der „Freiburger Carnevals-Verein” mit hervorging. Der aus honorigen Freiburger Bürgern zusammengesetzte Elferrat veranstaltete große Bürgerbälle und Kappenabende. Beim eher bescheidenen Narrentreiben auf der Kaiserstraße zeigten sich um 1900 vor allem Kinder im klassischen Bajass mit Pluderanzug, Halskrause und Spitzhut. Zur Fastnacht 1900 und 1901 gab es große Umzüge mit zahlreichen prächtig gestalteten Wagen der Freiburger Vereine.

Nach dem Ersten Weltkrieg war die Fastnacht zunächst verboten. Erst 1921 wurden die Bestimmungen für „historisch gewachsenes Brauchtum” gelockert. Vielerorts im Südwesten „historisierte” sich daraufhin die Fastnacht und karnevalistische Elemente wurden eliminiert. In Freiburg hielt man zunächst am überkommenen Karneval fest. Erst der finanzielle Zusammenbruch der 1927 gegründeten „Großen Karnevalsgesellschaft” machte den Weg frei für eine „Volksfastnacht” nach alemannischem Muster. Am 13. April 1934 wurde die „Breisgauer Narrenzunft” (BNZ) gegründet, die Elemente aus der Karnevalszeit übernahm, wie den Elferrat als Vereinsvorstand, Kappensitzungen oder den Rosenmontagsumzug. Am 11. 11. (!) 1934 stellte die BNZ das aus bunten Herzen gefügte „Flecklehäs”, die heutigen Fasnetrufer, als Prototyp des neuen Freiburger Narren vor. In jedem Stadtteil sollte ein eigenes „Narrennest” entstehen. Damit knüpfte die BNZ an die bisherigen Strukturen an und in der Tat bildeten sich einige der neuen Narrenzünfte aus bestehenden Vereinen. Der akademische Bildhauer Franz Spiegelhalter schuf ab 1936 die ersten Holzmasken für Freiburger Zünfte. Bis zur letzten Fasnet vor dem Krieg 1939 gab es schon ein gutes Dutzend Narrengruppen.




Neue alte Bräuche
Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden sich die alten Narrennester wieder zusammen und 1948 ließ die französische Militärverwaltung wieder Umzüge zu. Seither sind viele neue Zünfte geboren worden, auch aus den im Zug der Gemeindereform 1974 eingemeindeten Stadtteilen kamen auch von dort Narren hinzu, sodass sich heute nicht weniger als 37 Gruppen unter dem Dach BNZ vereinigen. Die meisten sind Hästrager mit Holzmaske, zur BNZ zählen aber auch die schon vor 150 Jahren als Bürgerwehrparodie gegründete „Ranzengarde” und der Elferrat, der heute nicht mehr den BNZ-Vorstand bildet. Die Grundstruktur der BNZ und der Ablauf der Freiburger Fasnet haben sich seit 1934 verändert. Das Fasnetsmotto wird zwar nach wie vor am 11. 11. verkündet, an dem sich Narren, Politik und Presse das Narrenlicht abholen, aber die Fasnet selbst beginnt auch in Freiburg wie überall im Südwesten erst nach Dreikönig. Wie vor 100 Jahren sind noch heute Kappensitzungen und Saalveranstaltungen mit Büttenreden ein wichtiges Element der Freiburger Fasnet. Mancher Brauch wurde jedoch gewandelt oder sogar neu eingeführt: Den in Freiburg traditionellen Narrenruf „Helau” ersetzt seit 1975 das alemannische „Narri-Narro”. Der „Narrenappell” mit der Entmachtung des Oberbürgermeisters ist vor 25 Jahren von Rosenmontag als „Rathaussturm” mit Hemdglunkerumzug auf den Schmutzige Dunschdig gelegt worden. Schon seit dem Stadtjubiläum 1970 stellen die Fasnetrufer dort den Narrenbaum. Erst wenige Jahrzehnte alt ist auch die Stroosefasnet am Fasnetsunndig, bei der Narren und närrisch gestimmte Bürgerschaft zu Tausenden die Kaiserstraße bevölkern. Am Fasnetssmendig findet nach wie vor die Ratssuppe für die „Großkopfeten” statt, an die sich der Umzug anschließt.


Freiburger Bächleputzer
Neben den gemeinsamen zentralen Veranstaltungen der BNZ tragen die einzelnen Narrenzünfte nach wie vor die Fastnacht in ihren Stadtteilen. Dort gibt es eine Vielzahl von eigenen Veranstaltungen, Zunftabende, Lumpenbälle, Stadtteilumzüge und Kinderfastnachten. In den Stadtteilen beziehungsweise Zunftlokalen der einzelnen Narrennester finden auch die Fasnetsausgrabungen und -verbrennungen statt. Einzelne Zünfte veranstalten auch die Geldbeutelwäsche am Aschermittwoch oder das Scheibenschlagen am Funkensonntag. Ein gemeinsamer Treffpunkt zur Fasnetszeit und unterm Jahr ist für alle Freiburger Narren die Zunftstube unweit des Freiburger Rathauses in der Turmstraße 14. Dort befindet sich auch das Freiburger Fasnetsmuseum, in dem die Geschichte der Fasnet in Freiburg und die Freiburger Zünfte präsentiert werden.

www.breisgauer-narrenzunft .de

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